Dienstag, 11. September 2007

Wallenstein in Cottbus



Vergangenen Samstag sitzen 8 Menschen in der alten Tischlerei in Cottbus-Karen einen ganzen Tag auf dem Sofa und lesen. - Langweilig? Im Gegenteil!

Wallenstein wird gelesen und nach und nach packt alle das Fieber, weiter und weiter ins Drama einzutauchen. Noch eine Szene, noch einen Dialog, die ersten beiden Teile werden nahezu komplett durchgearbeitet, dazu Stellen aus dem Dritten. Wie das zusammenfassen, was in der Tragödie alles entdeckt wurde?

Zwei Fäden ziehen sich, neben vielen anderen, durch die gesamte Trilogie. Der eine ist der des Aufbruchs in die Freiheit, der besonders bei den Soldaten in Wallensteins Lager zu spüren ist. Sie lassen die gesellschaftlichen Zwänge, die Ständeordnung und all die etablierten Verhältnisse hinter sich und ziehen mit Wallenstein in den Krieg. Dort hin, wo es alleine darauf ankommt, was man aus sich selbst macht, nicht, was man ist.

Aber der Krieg ist auch ein Spiel. Der Tod, die Vergänglichkeit, gehören ebenso dazu, wie die Macht.

›Der dem Tod ins Angesicht schauen kann,
Der Soldat allein ist der freie Mann.‹

›Freiheit ist bei der Macht allein.‹

Durch Macht wird Freiheit zum Zwang. Denn Macht legt den, der sie ausübt in seiner Rolle fest. Er muss seine Stellung behaupten oder er wird von einem Mächtigeren bezwungen. Hier spinnt sich der zweite Faden. Der des Schicksals, bei Wallenstein oft im Bild der Astrologie. Schritt für Schritt sehen wir, wie der Feldherr sich in seinem Unheil verstrickt und nicht mehr in der Lage ist, auf die Ereignisse, die auf ihn zukommen, zu reagieren. Er ist Gefangener seines eigenen Schicksals.

Wo findet sich ein Ausweg aus dem ›Doppelsinn des Lebens‹? Wo ist eine Freiheit ohne die Notwendigkeit der Macht? Welcher Tod ist es, dem die wirkliche Freiheit gegenüber steht?

Mehr dazu am Wochenende in Berlin bei Peter Steins Wallenstein.



Auf den Weg noch ein Zitat von Körner, einem Freund Schillers:
›Wollte man das Objekt des ganzen Gedichts mit wenig Worten aussprechen, so würde es sein: die Darstellung einer phantastischen Existenz, welche, durch ein außerordentliches Zeitmoment, unnatürlich und augenblicklich gegründet wird, aber durch ihren notwendigen Widerspruch mit der gemeinen Wirklichkeit des Lebens und mit der Rechtlichkeit der menschlichen Natur scheitert und sammt allem, was an ihr befestigt ist, zu Grunde geht. Der Dichter hatte also zwei Gegenstände darzustellen die mit einander in Streit erscheinen. Den phantastischen Geist, der von der einen Seite an das Große und Idealische, von der anderen an den Wahnsinn und das Verbrechen grenzt, und das gemeine wirkliche Leben, welches sich von der einen Seite an das Sittliche und Verständige anschließt, von der anderen dem Kleinen, dem Niedrigen und Verächtlichen sich nähert. In die Mitte zwischen beiden, als eine ideale, phantastische und zugleich sittliche Erscheinung, stellt er uns die Liebe und so hat er in seinem Gemälde einen gewissen Kreis der Menschheit vollendet.‹

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Gutes Zitat - aber von Goethe, nicht Koerner!

www.anderzeit.com